Imagekrise? Was ist das eigentlich?
Präzise definieren lässt sich eine Imagekrise aus einer kommunikationswissenschaftlichen Perspektive – der Theorie der Imagekrise – in etwa so:
»Eine Imagekrise ist eine Zeitphase, in der ein Vorfall bzw. Ereignis das Image einer Unternehmensmarke, Produktmarke o. Ä. bei den wirtschaftlich relevanten Teilöffentlichkeiten dergestalt verändert oder verändern kann, dass diese in merklichem Ausmaß Vertrauen zu der Marke verlieren.«
vgl. ➚Ullrich 2023, S. 63*
Was ist damit gemeint?
Wenn wir unter dem Begriff Marke stellvertretend eine Unternehmensmarke, Produktmarke, Personenmarke, etc. verstehen, lässt sich die Definition wie folgt verdeutlichen:
- Zunächst machen Menschen mit einer Marke ihre ganz individuellen Erfahrungen. Möglicherweise bekommen sie zudem mit, welche Erfahrungen andere mit dieser Marke gemacht haben. Die Informationen, die jemand so subjektiv über eine Marke gesammelt hat, bilden dessen sogenanntes Image zu der Marke. Das Image ist also das persönliche Bild (lat. imago – Bild), das jemand zu einer Marke hat.
- Ausgehend von ihrem jeweiligen Charakter werden die im Image angesammelten Informationen bewertet, wodurch sich Einstellungen (= Verhaltensdispositionen) gegenüber der Marke herausbilden.
- Dabei ist in der Wirtschaft das Vertrauen die relevanteste Einstellung. Ist das Vertrauen gegenüber einer Marke stark ausgeprägt, ist wirtschaftliches Handeln zu niedrigen Transaktionskosten möglich. Vertrauen im (kauf)relevanten Bereich ist also wesentlich für den Markterfolg.
- Eine Imagekrise ist ein aufsehenerregendes Ereignis, das neue Informationen im Zusammenhang mit dem Unternehmen liefert. Und zwar solche Informationen, die im Widerspruch zu dem bisherigen Image stehen, also von der Erwartung negativ abweichen. Das bestehende Bild (Image) wird enttäuscht. Die Konsequenz: Vertrauen wird gemindert, geht verloren (= kein Vertrauen) oder wird negativ (= Misstrauen).
- Dort, wo Vertrauen fehlt oder gar als negatives Misstrauen ausgeprägt ist, sind die Transaktionskosten hoch: Wirtschaftliches Handeln ist stark erschwert oder wird gar unmöglich. Die Folgen sind unmittelbar eine Verringerung des Markenwerts und ggf. entsprechend des Börsenwerts sowie eine mittelfristig erschwerte Geschäftstätigkeit, die im Extremfall bis zum Verlust der Akzeptanz im Markt reichen kann, was das betroffene Unternehmen in die Insolvenz zwingen kann.
Dies ist jedoch keine zwangsläufige Entwicklung: Ob und in welchem Ausmaß Schäden infolge einer Imagekrise tatsächlich manifest werden, hängt nicht nur von der Beschaffenheit des Vorfalls ab, sondern ebenso von der sichtbaren Reaktion des Unternehmens auf diesen, bzw. präziser davon, wie die wirtschaftlich relevanten Teilöffentlichkeiten des Unternehmens dessen Reaktion auf den Vorfall auffassen und beurteilen.
Imagekrise-Definition – Warum ist sie so wichtig?
Was eine Krise ist, wird je nach Perspektive anders beantwortet. Allgemein beschreibt der Krisenbegriff eine Phase, in der sich entscheidet, ob eine schwierige Situation sich mildert, löst oder verschlimmert. In der Volkswirtschaftslehre versteht man unter einer Krise einen Abschwung der Wirtschaft. In der Betriebswirtschaftslehre hingegen ist der Begriff mit einer drohenden oder eingetretenen Insolvenz eines Unternehmens verbunden (= Unternehmenskrise).
Davon abweichend werden in Marketing, Public Relations, etc. eine Reihe herausfordernder Situationen dem Krisenbegriff zugeordnet: Produktionsfehler, menschliches Versagen, Verunreinigung eines Lebensmittels, Umweltschädigung durch die Produktion, vorsätzliche Compliance-Verstöße, Störfälle, Erpressungen, Cyber-Attacken, etc.
Doch solch eine Zuordnung einer Vielzahl von Beispielfällen ist für eine Definition nicht hinreichend. Will man ableiten, was in einer dieser Krisensituationen aus Sicht der Kommunikation zu unternehmen ist, braucht man vielmehr eine Definition und eine Vorstellung davon, welche Einflussfaktoren (Variablen) dabei eine Rolle spielen. Dann lässt sich überlegen und ggf. empirisch überprüfen, wie sich diese beeinflussen lassen.
Die oben gegebene Definition erlaubt genau das: Aus kommunikationswissenschaftlicher Sicht stellt ein Krisenvorfall ein Informationsbündel dar, welches das Bild, das wirtschaftlich relevante Personengruppen (z. B. Kunden, Geschäftspartner) so verändert, dass deren Vertrauen erschüttert wird und sie sich gegenüber dem betroffenen Unternehmen künftig anders verhalten als zuvor.
Nun kann geprüft werden, welche Faktoren solch eine Vertrauen senkende Imageänderung beeinflussen. Laut der Theorie der Imagekrise, sind dies vordringlich (1) die durch den Vorfall betroffene Imagedimension, (2) die dem Unternehmen zugeschriebene Rolle hinsichtlich des Vorfalls und (3) die auf den Vorfall gerichtete Aufmerksamkeit.
Jeder dieser Faktoren für sich sowie deren Zusammenspiel lässt sich jetzt untersuchen. Daraus lässt sich ein Modell einer Imagekrise gewinnen, mit dem man einerseits entscheiden kann, wie je nach Fall eine geeignete Krisenkommunikation aussieht und was sich zudem im Vorfeld und im Nachgang einer Imagekrise unternehmen lässt, um den Schaden möglichst gering zu halten (vgl. ➚Ullrich 2023, S. 37ff). Ohne ein klares Begriffsverständnis und ein daraus ableitbares Modell wäre man auf Meinungen angewiesen, was jemand »für richtig hält«. Meinungen sind aber nicht empirisch überprüfbar und folglich lässt sich weder für die Wissenschaft noch für die Praxis belastbar etwas aus ihnen lernen.
Mehr Informationen und Services zu Imagekrisen und zur Krisenkommunikation finden sich hier:
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